Was hat das Handwerk nicht schon alles gefordert. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat schon vor vielen Jahren die Zukunft verpasst. Nun kommt eine neue Forderung: Das Handwerk will das Duale Abitur. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer forderte dieses erst kürzlich, um auch Gymnasiasten wieder ins Handwerk zu locken. Denn auch dieses Jahr konnten viele Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Die neue Bildungspolitik hat die ersten Verlierer produziert: Das Handwerk. Nach den Gedanken des Handwerkspräsidenten soll das Abitur mit einer dualen Ausbildung fusioniert werden. Kaum auszudenken, zu welchem Durcheinander das im Bildungssystem führen könnte. Doch was sind die eigentlichen Hintergründe seiner Forderung?
Handwerk hat lange geschlafen
Das Handwerk hat lange geschlafen und den Zug in die Moderne verpasst. Viele Forderungen, die es in den letzten Jahren von den Handwerkskammern gab, waren weder zeitgemäß noch umsetzbar. Immer weniger Jugendliche interessieren sich für eine spätere Karriere im Handwerk. Die Verantwortlichen haben es schier verpasst, die Ausbildungsstellen in diesem Bereich attraktiv zu machen. Sicherlich verfolgt die derzeitige Bildungspolitik eine Art Akademisierung, die auf Dauer nicht gut gehen kann. Schon jetzt zeigt sich dieser Weg als ein Weg der Masse, der aber mit der früheren Qualität nicht mehr im Verhältnis steht. Bislang lieferten vor allem die Berufsschulen den Nachwuchs für Handwerker. Mittlerweile durchlaufen aber immer weniger Schüler diesen Weg. Das ist aber nur ein kleiner Teil des Problems. Der Handwerker als solches ist nicht mehr attraktiv. Zu viele negative Punkte werden damit in Verbindung gebracht. Hier hätte ein effektives –langfristiges- Marketing geholfen. Eine Art Jung Kur, die bis heute aber nicht erfolgte. Die Welt hat sich gewandelt, das Handwerk nicht. Und genau auch hier liegt ein Punkt des Problems.
Ist der Meister überholt
Zudem muss sich das Handwerk die Frage gefallen lassen, ob der Meister nicht längst überholt und nur noch ein Relikt der guten alten Zeit ist. Insgesamt zeigen sich die Karrieremöglichkeiten im Handwerk heute als problembelastet. Wer eine Karriere anstrebt, ist im Handwerk oft falsch. An dieser Sichtweise gab es in den letzten Jahren kaum eine Änderung.
Bildungssystem hat nachgelassen
Dennoch ist die Kritik am neuen Deutschen Bildungssystem nicht von der Hand zu weisen. Tatsächlich ist der Weg zur Hochschulreife heute einfacher und anspruchsloser als noch vor vielen Jahren. Damit auch Punkte wie die individuelle Förderung betont werden konnten, sind die Zugangs- und Anforderungsvoraussetzungen einfach gesenkt worden. Heute kann praktisch jeder studieren. Große Voraussetzungen dafür bestehen nicht mehr. Es zeigt sich aber auch, dass die Qualität bei den Studenten dramatisch nachgelassen hat. Das neue Bildungssystem hat also durchaus auch seine mangelhaften Seiten. Kein Kind darf zurückbleiben ist eine Aussage, die sich nun einmal mit einem guten Bildungssystem nicht per se verbinden lässt.
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