Kündigung bei Kirchenaustritt

| 1. September 2013

Das Kirchen immer noch eine Sonderstellung in Deutschland genießen, beweist wieder einmal folgendes Urteil. Ein Mitarbeiter, der in einer Kinderbetreuungsstätte arbeitete, wurde die Kündigung überreicht. Grund hierfür war sein Austritt aus der katholischen Kirche. Die Kinderbetreuungsstätte wurde vom katholischen Caritasverband getragen.

Folgt man dem Artikel 140 GG (in Verbindung it Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV) so wird klar, dass jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbst ordnet und verwaltet, innerhalb der für alle geltenden Gesetze. Ein Grund, warum diese Gemeinschaften immer wieder heftigen Kritiken ausgesetzt sind. Neben den Kirchen kommt dieses Gesetzt auch den zugeordneten Einrichtungen zugute. Also in diesem Fall auch der Kinderbetreuungsstätte, die von der Caritas getragen wird. Somit haben die Kirchen und zugehörigen Einrichtungen die Möglichkeit, gemäß den Möglichkeiten des geltenden Rechts, auch privatrechtliche Arbeitsverhältnisse nach ihrem Selbstverständnis zu regeln.

Austritt = Verweigerung der Loyalität

So sehen es die katholischen Kirchen als fatal an, wenn jemand aus der Kirche austritt. Das kommt einem schwer wiegenden Loyalitätsverstoß gleich. Eine Weiterbeschäftigung eines solchen Mitarbeiters ist nicht tragbar. Die Arbeitsgerichte haben in einem solchen Kündigungsschutzprozess also zwischen den Interessen und den Grundrechten des Arbeitnehmers sowie dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Das Verfahren

In dem Verfahren hatte der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts die Klage eines Sozialpädagogen, der seit 1992 beim Caritasverband beschäftigt war, abgewiesen. Dieser wurde nach dem Austritt aus der katholischen Kirche gekündigt. Auch die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Der Sozialpädagoge arbeitete in einem sozialen Zentrum, das durch die Caritas getragen wurde. In diesem wurden Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut. Zwar sei die Religionszugehörigkeit der Kinder ohne Bedeutung. Nicht aber so bei den Mitarbeitern. Auch wenn keine religiösen Inhalte vermittelt werden.

Der Kläger trat im Februar 2012 aus der katholischen Kirche aus. Als Beweggrund für diesen Schritt nannte der die zahlreichen Missbrauchsfälle, die Vorgänge um die Pisubruderschaft und die Karfreitagsliturgie. Damit hat der Pädagoge gegen die arbeitsrechtlichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Für den Beklagten war es damit nicht möglich, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Laut dem kirchlichen Selbstverständnis hat der Kläger einen direkten Dienst am Menschen geleistet und nahm damit direkt am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Mit dem erfolgten Kirchenaustritt entfällt eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Die Glaubens – und Gewissensfreiheit wurde zwar bejaht, dennoch steht diese in diesem Fall hinter dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und seiner Einrichtungen zurück. Von staatlichen Gerichten kann daher keine andere Richtung erzwungen werden.

Zu erkennen war, dass der Kläger nicht nur aus der Kirche ausgetreten ist, sondern sich insgesamt der katholischen Glaubensgemeinschaft lossagte. Dabei fiel die lange Beschäftigungsdauer und sein arbeitsrechtliches Verhalten nicht ins Gewicht. Eine Diskriminierung ist bei der Kündigung nicht ersichtlich. Der Kläger hatte sich hierbei auch auf die § 1, § 7 AGG im Sinne der Diskriminierung berufen. Die Kündigung war somit rechtens.

Urteil:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2013 – 2 AZR 579/12

Vorinstanz:
LAG Baden-Württemberg – Kammern Mannheim, Urteil vom 9. März 2012 – 12 Sa 55/11

 

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